Die Anfänge des Zollikerbergs

Der traditionelle Rundgang des Verschönerungsvereins führte dieses Jahr durch die historischen Dorfkerne des Zollikerbergs. 

Beim Brunnenbächli erzählte Adrian Michael von der Sage eines verlorengegangenen Hauses – vermutlich Brandstiftung. (Bild: jjm) 

Der beliebte Zolliker Gemeinderundgang lädt jedes Jahr zum gemeinsamen Entdecken und gegenseitigen Kennenlernen ein. Die vom Verschönerungsverein Zollikon (VVZo) organisierte Führung findet jeweils am Samstag vor dem Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag statt und steht allen offen. Der Rundgang bietet eine Fülle an Wissenswertem und Geselligkeit, sowohl für Alteingesessene als auch neulich Zugezogene. Samstag, 16. September trafen sich dutzende Interessierte, darunter zwei Gemeinderäte, für den Traditionsanlass. 

Heuer war der Treffpunkt beim Chramschopf und der Rundgang führte durch die alten Dorfteile des «Berges». Adrian Michael, ehemaliger Lehrer und leidenschaftlicher Geschichtenerzähler, leitete die Führung und erzählte während des Spaziergangs über die Entwicklung einiger einst abgelegener Höfe und Weiler bis hin zum modernen Vorort Zollikerberg. Dazu gehören der heutige Wilhof, die Unterhueb, die Oberhub, der Sennhof und die Trichtenhausermühle. Bis zur Vereinigung mit der Gemeinde Zollikon im Jahr 1804 bildete der Zollikerberg mit Zumikon, Gössikon, Waltikon und Kühlenbrunnen eine eigene Berggemeinde. 

Hueber und Hoover 

Nach den Begrüssungsworten von Markus Diener, Präsident des VVZo, übernahm Adrian Michael beim Chramschopf die Gruppe und führte sie nach einer kurzen Einleitung zum Hürdenläufer von Gianni Piontek beim unteren Lauf des Brunnenbächli, wo mehrere grosse Höfe gestanden hatten. Von dort aus ging es weiter zur Unterhueb, ehemals Hof Trichtenhusen. «Hueb» stammt von der im Mittelalter weitverbreiteten Bezeichnung «Huoba», die ein landwirtschaftliches Grundstück ohne exakte Fläche meinte. Abgeleitet davon wurden auch Familiennamen wie Hueber oder jener des 31. Präsidenten der Vereinigten Staaten, Herbert Hoover was dieser höchstwahrscheinlich selbst nicht wusste. 

Über Zwigarten, Möseren beim Tennisplatz und am Wehrenbach vorbei führte Adrian Michael danach zur Oberhueb, wo 1608 ein Weber sein Wohnhaus mit Stall und Scheune baute. Von dort aus ging es weiter zum Sennhof, der 1434 von Hans Tobelmann aus dem Steintal bei Wattwil gegründet wurde. Ihm wurde der Spitzname «Senn» gegeben; vermutlich ging man davon aus, dass ein Mann aus dem Toggenburg nichts anderes als ein Senn sein konnte. Obwohl er den Hof lediglich fünf Jahre betrieben hatte, bevor es ihn wieder in seine Heimat verschlug, ist der Name Sennhof bis heute geblieben. 

Abschluss im Sonnengarten 

Die letzte Etappe des Rundgangs führte über den Resirain zum alten Holzspeicher und über die Strasse «In der Deisten» zum Wilhof, der erstmals 1427 namentlich erwähnt wurde. Um den Hof wuchs über die Jahrhunderte ein Weiler heran. Waren es 1710 noch neun Haushalte, bildete der Wilhof 1835 mit 14 Wohnhäusern den grössten Weiler im Zollikerberg und war zudem im Besitz eines Sodbrunnens – wichtig zur Sicherstellung der Wasserversorgung auf dem Zollikerberg. 

Wichtig für jeden Rundgang ist auch ein gebührender Abschluss. Nach dem zweistündigen Spaziergang luden der VVZo und die Gemeinde Zollikon in der Stiftung Sonnengarten zu Kaffee, Kuchen und einem Glas Lunggesüüder ein. Es wurde auf eine gelungene Führung angestossen, auf die Danksagungen folgte ein genüsslicher Ausklang des Nachmittags. 

Historisches Trinken 

Apropos Anstossen: Auch der Strassenname «In der Deisten» weist auf vergangene Zeiten hin. «Deisten» stammt von «Ding» nach der damaligen Dingstatt, die Gerichtsstätte der früheren Alemannen. Laut Überlieferungen des römischen Geschichtsschreibers Tacitus wurde an den alemannischen Gerichtsversammlungen am ersten Tag reichlich Alkohol konsumiert und ausgiebig diskutiert. Am zweiten Tag traf man sich nüchtern, um sachlich über die enthemmten Ausführungen des Vortags zu sprechen und brauchbare Entscheide zu fällen. Am Apéro des Rundgangs kamen einige Anwesende auf den Gedanken, ein solches System wiedereinführen zu wollen; die letzte Zolliker Gemeindeversammlung beanspruchte immerhin auch zwei Tage. Der Vorschlag wurde direkt dem vor Ort anwesenden Gemeinderat unterbreitet. 

Bild und Text: Von Joël J. Meyer – Zolliker Zumiker Bote vom 29. September 2023